Sozialistischer Realismus – Kunst und Geschichte

Autor: sisugoethe Datum: Mo, 07/06/2020 - 12:08 Tags: Deutsch lernen

Der „Sozialistische Realismus“ war eine ideologisch begründete Stilrichtung der Kunst des 20. Jahrhunderts in der Sowjetunion.

Als offizielle Doktrin dominierte er die sowjetische Kunst bis zur Auflösung der Sowjetunion im Jahre 1991. Während sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts und bis in die 20er/30er Jahre in Europa ein moderner, teils abstrakter Kunstbegriff durchsetzte (Expressionismus, Dadaismus, Surrealismus, Konstruktivismus usw.), wollte sich die ehemalige Sowjetunion klar von der „westlichen“ Kunst abgrenzen. Deswegen mussten sich die Künstler dem Realismus zuwenden, da er offiziell vorgeschrieben wurde.

Die größte Auswirkung hatte der Sozialistische Realismus in der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg: Nach der Aufteilung der Welt in zwei Blöcke war er die offizielle Kunstrichtung in den Ostblockländern und somit auch in der ehemaligen DDR. Die Richtung kennzeichnete sich durch eine übertriebene Wirklichkeitsnähe und beliebte Motive waren Szenen aus dem Arbeitsleben oder dem Alltag. Abstraktion und Fantasie waren ausgeschlossen bzw. verboten. Die dargestellten Figuren sollten dem Aufbau des Sozialismus dienen und Vorbilder sein.

In dem Gemälde Arbeitspause von Willi Sitte wird z.B. der Typus des intelligenten Arbeiters gezeigt, der die Pause zur Lektüre und Weiterbildung nutzt. Es entstanden so zum Beispiel viele heroische Portraits, meist von Politikern aus dem Zeitgeschehen.

Eines der spektakulärsten Gemälde der DDR ist sicherlich das Bauernkriegspanorama mit dem Titel Frühbürgerliche Revolution in Deutschland des Leipziger Malers und Kunstprofessors Werner Tübke. Das 123 Meter lange und 14 Meter hohe Rundbild mit seinen über 3.000 Einzelfiguren an dem Tübke und seine Studenten auf Staatskosten ein Jahrzehnt (von 1976 bis 1987) arbeiten konnten, befindet sich im Panorama Museum, einem eigens dafür errichteten Gebäudekomplex, auf dem Schlachtberg bei der thüringischen Kleinstadt Bad Frankenhausen. Die großzügige Finanzierung des Leipziger Professors ist vielleicht eines der bekanntesten Beispiele für Staatskunst.

Einer der wichtigsten Vertreter des „sozialistischen Realismus“ in der DDR war der Künstler Walter Womacka. Neben Tafelbildern, Grafiken und Aquarellen entwarf er in den 1950er-Jahren auch Glasfenster, Mosaiken und Emailarbeiten. 1968 leitete er die künstlerische Gestaltung der Neubauten am Alexanderplatz. Dort entwarf er den 7 × 125 m großen Bildfries Unser Leben am Haus des Lehrers (1964), den Brunnen der Völkerfreundschaft (1970) und das Kupferrelief am Haus des Reisens Mensch und Raum (1971).

Womacka gilt wegen seiner systemkonformen Arbeiten als Staatskünstler. Während seiner Rektorentätigkeit an der Kunsthochschule Weißensee wurden mindestens 40 Studenten aus politischen Gründen exmatrikuliert. Die Berliner Mauer rechtfertigte er noch kurz vor seinem Tod in seiner Autobiographie mit den Worten: Diese Mauer war häßlich, aber notwendig. Und sie sorgte auf ihre Weise mit dafür, dass Frieden war.