Mein Jahr in Chongqing

Autor: sisugoethe Datum: So, 07/29/2018 - 14:48 Tags: Events

Ich kann mich noch gut an meinen ersten Tag in Chongqing erinnern: Alles wirkte riesig, überall Menschen und Hektik. Ich dachte mir, in diese Stadt werde ich mich nie zurecht finden. Ich hatte schon ein Gefühl von Unsicherheit und Überforderung. Gerade bei dem Gedanken, dass ich jetzt ein Jahr hier sein werde. Ebenfalls neu war für mich, so viel Englisch zu reden. Weil Chinesisch konnte ich ja bei meiner Ankunft überhaupt nicht sprechen. Ich wusste zwar, dass mein Englisch gut ist, aber es wirklich täglich anzuwenden war sehr ungewohnt. All dies wurde dann langsam besser, als ich mit meinem Chinesischunterricht angefangen habe und etwas Kontakt zu anderen ausländischen Schülern bekam. Ebenfalls neu für mich war, zu lernen alleine Zeit zu verbringen. Da man ja nicht von heute auf morgen viele Freunde findet und ich in Deutschland bis dahin mit meiner Mutter, meinem Vater und meinem Bruder zusammengewohnt hatte. Mit der Zeit wurde das aber auch besser, da ich meine meisten Freunde hier ganz einfach eher nebenbei kennen gelernt habe. Dies liegt daran, dass es normal in Chongqing ist, eine Person nach dem We-Chat Kontakt zu fragen, falls man diese Person mag, sympathisch findet etc. Generell hat mich die chinesische Kultur am Anfang zum einen überwältigt. Zum anderen aber auch manchmal echt überfordert. Es war ungewohnt für mich, das man von so vielen verschiedenen Menschen beachtet aber teilweise auch bedrängt wurde. Selbst wenn es oft nur nett gemeint war, war es hin und wieder etwas zu viel für mich und manchmal empfand ich die Art der Kontaktaufnahme auch als etwas rücksichtslos. Von Deutschland war ich es gewohnt, dass man Leuten, die man nicht kennt, vorsichtiger begegnet. Gleichzeitig kommt es mir so vor, dass es für viele Chinesen sehr einfach ist neue Freunde zu finden und sie sehr offen für neue Bekanntschaften sind. Das ist eine sehr positive Eigenschaft und meiner Meinung in einer so vollen und großen Stadt auch notwendig. Leider hatte ich manchmal auch den Eindruck, dass mache Personen nur Kontakt mit einem haben wollten, weil man ein Ausländer ist und es gar nicht um deine Person selber geht.

Ich finde es faszinierend, wie überfordert ich nach meiner Ankunft war und wie gut ich mich jetzt zurecht finde. Zurückblickend bin ich dankbar für dieses Jahr, da ich dadurch eine große Menge an Erfahrung gesammelt habe. Im positiven, sowie im negativen Sinn. Ebenfalls bin ich der Kölner Freiwilligen Agentur sowie dem Goethe-Sprachlernzentrum dankbar, dass sie mir die Möglichkeit gegeben haben, ein so ereignisreiches Jahr zu erleben. Es war für mich auch überraschend zu sehen, wie viele Studenten Interesse haben nach Deutschland zu gehen. Vielleicht konnte ich ihnen mit meiner Arbeit hier bei dieser Entscheidung helfen bzw. ihnen die Entscheidung etwas leichter machen. Sehr vermissen aber gleichzeitig auch nicht werde ich das Essen in China. Viele Ausländer brauchen einige Zeit um mit der Schärfe klar zu kommen. Aber hat man dies einmal überwunden, gibt es sehr leckeres Essen in Chongqing. Zum Glück ist Essengehen kaum teurer als selber zu kochen. Die Vorstellung die ich vor meinem Chinaaufenthalt von chinesischen Essen hatte, stimmt kaum mit dem echten chinesischen Essen überein. Gerade was die Schärfe betrifft. Mir wird stark auffallen, dass das Essen in Deutschland wieder so teuer sein wird. Dies wird aber nicht das Einzige sein, woran ich mich in Deutschland erst mal wieder gewöhnen muss. Es könnte allein schon passieren, dass ich beim Überqueren einer roten Ampel erwischt werde weil ich es mir in Chongqing angewöhnt habe, nicht immer bei „rot“ stehen zu bleiben. Bestimmt wird mir in der Anfangszeit auch manchmal auffallen, wie ruhig es an manchen Orten ist und wie wenig Menschen man sieht. Ebenfalls muss ich aufpassen, dass ich mit meinen Freunden nicht anfange Englisch zu reden, da ich hier ja eigentlich täglich Englisch rede. Es wird auch nicht leicht mich von einigen Personen aus Chongqing zu trennen. Deswegen werde ich versuchen, wenn dies überhaupt möglich ist, den Kontakt über WeChat zu halten. Ich glaube, das erste was ich in Deutschland machen werde ist, zu einer Imbissbude zu gehen und ordentlich etwas zu essen. Aber es kann auch gut sein, dass ich nach einiger Zeit in Deutschland auch mal wieder große Lust bekomme Hot Pot zu essen. Die Erfahrungen hier, an die ich mich am längsten erinnern werde sind, zum einen schöne, zum anderen aber auch weniger schöne Ereignisse. Ich habe in Chongqing Dinge gesehen die ich noch nie zuvor gesehen habe. Leider kommt es mir so vor, als hätte ich trotzdem nur einen kleinen Einblick in das Leben, die Kultur etc. in China bekommen und ich hätte gerne noch viel mehr gesehen. Wenn ich zurück nach Deutschland komme weiß ich zwar nicht genau was ich machen werde. Dennoch freue ich mich auf Deutschland, genauso wie ich China vermissen werde. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass ich China nochmal besuchen werde. Ob für längere Zeit oder nicht, steht jetzt noch nicht fest. Aber ich weiß, dass ich mich an diese Auslandsjahr lange zurück erinnern werde.