Der 9. November in der deutschen Geschichte

Autor: sisugoethe Datum: Fr, 01/22/2021 - 15:52 Tags: learn German

Der 9. November stellt mit seinen zahlreichen einschneidenden historischen Ereignissen in der jüngeren deutschen Geschichte ein besonderes Datum dar. Er wird deshalb auch häufig „der Schicksalstag der Deutschen“ genannt.

1848: Scheitern der Märzrevolution

Märzrevolution 1848 in Berlin

Am 9. November 1848 wird der Demokrat Robert Blum in Wien durch gegnerische Truppen erschossen. Dieses Ereignis markiert den Anfang vom Ende der so genannten Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes. Angefangen hatte das revolutionäre Zeitalter in Frankreich. Es erfasste nahezu ganz Europa und schließlich auch Deutschland. Die Grundlage der Bewegung war die Forderung nach einer Verfassung, die die Autorität der Monarchie einschränken und die Souveränität des Volkes stärken sollte. Weitere zentrale Forderungen waren nationale Einheit und Unabhängigkeit und die Lösung sozialer Fragen. Doch der erste Versuch, Deutschland als Teil einer europäischen Modernisierung nach freiheitlichen und nationalen Ideen auszurichten, scheiterte am Widerstand reaktionärer Kräfte.

1918: Novemberrevolution

Demonstration unter den Linden in Berlin am 9. November 1918

Im Herbst 1918 überschlugen sich im Deutschen Reich die Ereignisse. Die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg war unausweichlich und der der Ruf nach Frieden und der Abdankung des Kaisers wurde immer lauter. Es kam zu einer Revolutionsbewegung. Betriebe wurden bestreikt, in vielen Städten bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Am 9. November erfasste die Revolution auch Berlin. Der Reichskanzler Prinz Maximilian von Baden war besorgt, dass es zu einem radikalen politischen Umsturz kommt und gab deshalb eigenmächtig die Abdankung des Kaisers bekannt. Gleichzeitig übergab Maximilian von Baden sein Amt als Reichskanzler an Friedrich Ebert, den Vorsitzenden der Sozialdemokraten. Daraufhin rief der stellvertretende SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann von einem Balkon des Berliner Reichstags die erste deutsche Republik aus. Scheidemann besiegelte so das Ende der Monarchie.

Friedrich Ebert

Doch die junge Republik hatte es von Anfang an schwer: Es fehlte der so genannten Weimarer Republik an Rückhalt in der Bevölkerung und an Geschlossenheit und Unterstützung durch die Exekutive. Massenarbeitslosigkeit, Kriegsschäden und Reparationsforderungen aus dem Ersten Weltkrieg stellten die Weimarer Demokratie vor eine Zerreißprobe. Europaweit erlangten antidemokratische Strömungen Aufwind und lieferten den Nährboden für den aufkommenden Nationalsozialismus.

1923: Hitler-Ludendorff-Putsch

Barrikaden am bayerischen Kriegsministerium in München

Inflation, kommunistische Unruhen und die französische Besetzung des Ruhrgebietes begünstigten Anfang der 1920er Jahre die Entstehung reaktionärer und nationalistischer Strömungen. In dieser instabilen politischen Lage plante Adolf Hitler als Parteiführer der NSDAP in München einen gewaltsamen Putsch. Sein Ziel war es, die Regierung in Berlin abzusetzen und selbst die Macht in einer nationalen Diktatur zu erringen. Am 9. November 1923 marschierte Hitler zusammen mit General Erich Ludendorff und weiteren Anhängern zur Feldherrnhalle in München. Doch die bayerische Polizei stoppte den Marsch und damit auch Hitlers Versuch, gewaltsam an die Macht zu gelangen. Die NSDAP wurde daraufhin verboten, Hitler zu fünf Jahren Haft verurteilt. Zehn Jahre später gelang es ihm auf legalem Wege an die Macht zu gelangen.

Gedenktafel für die während des Putsches 1923 erschossenen Angehörigen der bayerischen Landespolizei.

1938: Novemberprogrom

Eine Synagoge steht in Flammen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 organisierten SA-Truppen und Angehörige der SS gewalttätige Übergriffe auf die jüdische Bevölkerung. Mehrere hundert Synagogen wurden in Brand gesetzt, mindestens 8000 jüdische Geschäfte zerstört, sowie zahllose Wohnungen verwüstet. Zwischen 90 und 100 jüdische Bürger*innen wurden erschlagen, niedergestochen oder zu Tode geprügelt. In den Tagen darauf wurden im ganzen deutschen Reich etwa 30.000 jüdische Männer verhaftet und in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen verschleppt. Die antisemitischen Ausschreitungen waren von der nationalsozialistischen Führung organisiert, die die Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Bürger seit der "Machtergreifung" Hitlers 1933 systematisch vorantrieb. Die Nacht des 9. Novembers 1938 ging als Reichspogromnacht in die Geschichtsbücher ein.

1989: Mauerfall

In der Nacht vom 9. November auf den 10. November 1989 steigen Menschen auf die Berliner Mauer vor dem Brandenburger Tor und feiern die Öffnung der Grenzübergänge.

"Ab sofort." So lautete die knappe Antwort des DDR-Politbüro-Mitglieds Günter Schabowski auf die Frage eines Reporters, wann die beschlossene Reiseregelung in Kraft trete. Mit dieser neuen Freiheit besiegelte er am 9. November 1989 nach 28 Jahren den Fall der Mauer. Unter dem Druck der tausendfachen Ausreise von DDR-Bürger*innen über Ungarn und der Montagsdemonstrationen in Leipzig und anderen ostdeutschen Städten zerfiel das SED-Regime in der DDR. Am 4. November 1989 versammelten sich mehr als 500.000 Demonstrierende zu einer Kundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz, nur vier Tage später trat das SED-Politbüro geschlossen zurück.

Günter Schabowski verzettelt sich auf der Pressekonferenz am 9. November 1989 und öffnet so versehentlich unverzüglich die Grenzen der DDR.

Am Abend des 9. November verkündete SED-Pressesprecher und Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz überraschend die sofortige Öffnung der Mauer. Daraufhin strömten tausende Ostberliner*innen an die Grenzübergänge ihrer Stadt. Gegen 23.30 Uhr konnten am Grenzübergang Bornholmer Straße die Grenzbeamten dem Andrang der Menschen nicht mehr standhalten. Der Übergang wird geöffnet. Bis Mitternacht sind alle Berliner Grenzübergänge offen. Der Weg zur deutschen Wiedervereinigung war frei.