Abrakadabra – Es ist Walpurgisnacht!

Autor: sisugoethe Datum: Do, 04/30/2020 - 12:12 Tags: Deutsch lernen

Jedes Jahr am 30. April ist es soweit: Die Hexen holen ihre Besen aus den Kellern und versammeln sich zum Tanz auf dem Hexenberg. So zumindest lautet die Legende. In vielen Geschichten wird das berühmte Hexenfest aufgegriffen - etwa in Goethes Klassiker "Faust".

Die Legende besagt, dass sich die Hexen und Hexenmeister in dieser Nacht auf dem sogenannten Blocksberg (eigentlich heißt er Brocken) im Harz-Gebirge treffen und ein großes Fest veranstalten. Angeblich singen und tanzen sie um ein Feuer, um ihre Hexenkräfte mit denen des Teufels zu vereinen. Aber das ist natürlich nur eine Sage. Die Walpurgisnacht hat ihre Ursprünge im keltischen Glauben. Die Kelten begrüßten den Frühling mit einem großen Feuer. Es wurden Fruchtbarkeitsrituale abgehalten, um das Erwachen der Natur zu zelebrieren.

Diese Bräuche des "Heidentums" - gemeint sind Völker, die nicht einer Religion mit dem Glauben an einen einzigen Gott angehören - verdammte die christliche Kirche und stellte sie als Teufelswerk dar. Aus dem Frühjahrsfest entstand schließlich die Legende der Walpurgisnacht. Der Name Walpurgisnacht stammt von der Heiligen Walburga, die an einem 1. Mai (vermutlich im Jahre 870) heiliggesprochen wurde. Es hieß, dass die Schutzpatronin Walburga die Menschen vor den Hexen und dunklen Mächten bewahrte.

Noch heute wird diese Nacht vielerorts als "Tanz in den Mai" gefeiert oder große "Maifeuer" entfacht. Es gibt in den einzelnen Regionen unterschiedliche Bräuche zum Maifeiertag, bei denen das Zelebrieren des Frühlings im Vordergrund steht, der mit geschmückten Bäumen, Tänzen und Feiern begrüßt wird.

Die Figur der Hexe

Im Heidentum entsprach dem Hexenbild ein Mensch - meistens weiblichen Geschlechts - mit übernatürlichen Fähigkeiten und besonderem Naturheilwissen. In Nord- und Mitteleuropa waren die Germanen noch davon überzeugt, dass in den Wäldern Hexen lebten, die für das Wetter und die Kräfte der Natur verantwortlich waren. Die Menschen waren damals noch viel abhängiger vom Wetter. So bestimmten Dürren oder Unwetter über die Ernte und somit darüber, ob die Menschen Hunger litten oder satt wurden. Katastrophen wurden den Hexen zugeschrieben, die bald nur noch für das Böse verantwortlich waren. Diese Hexen ritten in der Vorstellung der Menschen damals auf einem Zaun. Dies wandelte sich später in das Bild von Hexen, die auf einem Besen reiten.

Bereits zum Ende des dunklen Mittelalters wurden viele Frauen als "Hexen" bezeichnet und lebendig verbrannt. Ihnen schrieb man übernatürliche, teuflische Kräfte zu. Die Menschen dachten, sie seien mit bösen Dämonen verbündet. In Wirklichkeit kannten sich viele dieser Frauen einfach nur gut aus - sie wussten zum Beispiel, wie sie Wildkräuter für die Heilung von Krankheiten einsetzen können.

Oft war es aber auch nur Rache, Neid oder persönliche Bereicherung, was Menschen dazu trieb, andere der Hexerei zu bezichtigen. Frauen hatten vor allem in den niedrigeren Ständen viel weniger Rechte als Männer, galten als weniger intelligent - und nicht selten als "hysterisch". Vor allem starke, weise, kluge und einflussreiche Frauen passten nicht in das damalige weibliche Rollenbild und wurden gefürchtet oder verleumdet.

Hexen wurden auch von der Kirche verfolgt, weil sie angeblich im Bund mit dem Teufel standen und in den Augen der Religion "unchristlich" waren. Das dunkle Kapitel der europäischen Hexenverfolgung fand vom 13. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert statt. Es wird geschätzt, dass die Verfolgung in ganz Europa zwischen 40.000 bis 60.000 Todesopfer forderte.

In den Verdacht, eine Hexe zu sein, geriet man schnell. Schließlich genügte es, wenn einem Nachbarn die Nase nicht gefiel oder er sonst etwas angeblich "Absonderliches" fand. Eine Frau galt auch als verdächtig, wenn sie außergewöhnlich war oder weil sie von vielen Männern begehrt wurde.

Als "Hexenjagd" bezeichnet man heute übrigens auch symbolisch gesprochen einen Angriff gegen andere Menschen, der vor allem auf Spekulationen, Gerüchten und übler Nachrede beruht. Ein Mensch wird also zum Sündenbock gemacht, negative Fantasien anderer werden auf ihn übertragen und er muss als Schuldiger für etwas herhalten.

Es liegt leider in der Natur vieler Menschen, einfache Rollenbilder zu schaffen, Feindbilder aufzubauen, in "Gut" und "Böse" einzuteilen und zu verurteilen, was ihnen fremd und unverständlich erscheint. Oft ist es eine Schutzhaltung, das zu bekämpfen, was sie nicht einschätzen können und deshalb fürchten. Oder es verleiht ihnen selbst vermeintliche Stärke, andere schlecht zu machen und von eigenen Fehlern abzulenken, indem andere beschuldigt werden. Und dazu sucht man sich Menschen, die aus irgendeinem Grund auffallen, nicht der Norm entsprechen, einer Minderheit angehören oder aus willkürlichen Gründen Angriffsfläche bieten. Viele Arten von Ausgrenzung basieren auf einer ähnlich vereinfachten, vorurteilsgeprägten Sichtweise.

In moderneren Zeiten entwickelte sich im Gegensatz dazu auch das Bild der guten Hexen, die zu Protagonistinnen vieler Bücher und Filme wurden – aber dieses Kapitel der Hexendarstellung ist eine andere Geschichte.