23.Mai: Alles Gute zum Grundgesetz!

Autor: sisugoethe Datum: Mo, 05/25/2020 - 11:54 Tags: Deutsch lernen

Heute feiern wir den 71. Jahrestag des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (abgekürzt GG), dessen Prinzipien so aktuell sind, wie an seinem 1. Geburtstag.

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz im Rahmen einer feierlichen Sitzung des Parlamentarischen Rates ausgefertigt und verkündet. Damit war die Bundesrepublik Deutschland gegründet.

Vor dem Hintergrund des Scheiterns der Weimarer Republik und zwölf Jahren nationalsozialistischer Terrorherrschaft hatten sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes zum Ziel gesetzt, der neuen Bundesrepublik eine Verfassung zu geben, deren Dreh- und Angelpunkt die Würde jedes Einzelnen ist.

Aber erst mit dem Beitritt der Länder auf dem Gebiet der ehemaligen DDR am 3. Oktober 1990 wurde das Grundgesetz zur Verfassung des gesamten Volkes. Es wurde vielfach geändert und angepasst, aber es hat sich bewährt und der Bundesrepublik Deutschland geholfen, zu einer stabilen Demokratie in der Mitte Europas zu werden.

Was ist das Grundgesetz?

Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Die Artikel des Grundgesetzes stehen über allen anderen deutschen Rechtsnormen. In ihnen sind die grundlegenden staatlichen System- und Wertentscheidungen festgelegt. Das Grundgesetz besteht aus der Präambel, den Normierungen der Grundrechte (Art. 1–19) und der sogenannten grundrechtsgleichen Rechte (Art. 20 Abs. 4, Art. 33, Art. 38, Art. 101, Art. 103 und Art. 104) sowie dem großen Bereich des Staatsorganisationsrechts.

Art. 1, Abs. 1 lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Der Schutz der Würde des Menschen stellt damit den obersten Verfassungsgrundsatz dar. An ihm soll alle staatliche Gewalt ihr Handeln ausrichten.

Von besonderer Bedeutung ist auch Art. 20 GG: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ Dieser Grundgesetzartikel ist eine Art „Verfassung in Kurzform“, weil er die Grundprinzipien der Bundesrepublik festschreibt:

Demokratieprinzip: Alle Gewalt geht vom Volk aus. Das Volk ist also der Souverän, das in der repräsentativen Demokratie seine Vertreterinnen wählt, die in den Parlamenten die Interessen der Bürgerinnen wahrnehmen und nach Mehrheitsprinzip entscheiden.

Bundestaatlichkeit: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Bund der deutschen Länder, die zahlreiche Befugnisse haben. Über den Bundesrat wirken die deutschen Länder maßgeblich an der Gesetzgebung mit.

Rechtsstaatlichkeit: Parlamente (Gesetzgebung), Regierung, Verwaltung und Rechtsprechung sind an die Verfassung gebunden. Unabhängige Gerichte, die allen Bürger*innen offenstehen, wachen über die Einhaltung der Gesetze.

Sozialstaatsprinzip: Das Grundgesetz äußert sich nur mit wenigen Worten zu den Themen Sozialstaat. Über die Ausgestaltung des Sozialstaats entscheidet daher die Politik. Aber die muss sich auch vor höchsten Gerichten immer wieder an diesem Sozialstaatsprinzip messen lassen, etwa bei der Sicherung des Existenzminimums, bei Hilfebedürftigkeit (Sozialhilfe) oder beim Schutz von Familie und Kindern.

Die Deutschen nutzen täglich viele weitere Freiheiten, die das Grundgesetz gibt: freie Entfaltung der Persönlichkeit, Religionsfreiheit, Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit, Freiheit der Berufsausübung und viele andere mehr.

Gleichberechtigung für Frauen und Männer

Viele bestehenden Gesetze widersprachen zu Beginn dem neu in Kraft getretenen Grundgesetz. In Artikel 3 (2) des Grundgesetzes heißt es 1949: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Es dauerte 8 Jahre bis 1957 mit dem „Gleichberechtigungsgesetz“ die verfassungsrechtlich verankerte Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Bundesrecht umgesetzt wurde. 1977 erfolgte die Reform des Ehe- und Familienrechts und im Jahr 1980 trat das Gesetz über die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz in Kraft. 1994 folgten das zweite Gleichberechtigungsgesetz und die Ergänzung des Gleichberechtigungsartikels im Grundgesetz um den Satz: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Kann das Grundgesetz geändert werden?

Für eine Änderung des Grundgesetzes muss sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat (Länderkammer) eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten bzw. der Bundesratsstimmen vorliegen.

Jedoch gibt es Teile des Grundgesetzes die nicht verändert werden können. Von Veränderungen ausgeschlossen sind der bundesstaatliche Aufbau in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Bundesländer bei der Gesetzgebung. sowie Artikel 1 zur Menschenwürde und Artikel 20 zum Staatsaufbau.

Obwohl die Hürden hoch sind, wurde das Grundgesetz seit seinem Inkrafttreten vielfach geändert und ergänzt. Beispiele bedeutender Verfassungsänderungen sind etwa 1972 die Absenkung der Altersgrenze für das aktive Wahlrecht von 21 auf 18 Jahre oder die im Vollzug des Einigungsvertrages notwendig gewordenen Änderung der Präambel zur Erweiterung des Geltungsbereichs auf die neuen Bundesländer. So ist seit 1949 ungefähr jeder zweite Artikel des Grundgesetzes verändert worden, mancher auch mehrfach. Insgesamt gab es mehr als sechzig Grundgesetzänderungen, die sich auf rund 230 einzelne Artikel ausgewirkt haben.

Die Grundrechte in Zeiten der Corona-Pandemie

Viele Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben zu einer zeitlich begrenzten Einschränkung der Grundrechte geführt. In der Geschichte der Bundesrepublik ist dies ein einmaliger Vorgang. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sogar von einer „Zumutung für die Demokratie“. Es ist eine schwierige Abwägung der Verantwortlichen zwischen dem Schutz von Gesundheit und Leben einerseits und der Grundrechte andererseits vorzunehmen.

Es müssen dabei elementare Güter abgewogen werden: Freiheit und Gesundheit, Schutz des Individuums und Gemeinwohl, offene Gesellschaft und Menschenrechte. Die Debatte über diese Gratwanderung hat längst begonnen, und sie ist mit unbequemen Fragen verbunden. Gleichzeitig führt sie uns die Bedeutung der Grundrechte vor Augen, die wir in Vor-Corona-Zeiten so selbstverständlich in Anspruch genommen haben.

Informationsquelle: Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung