1. Mai 2020 - 130 Jahre Tag der Arbeit in Deutschland!

Autor: sisugoethe Datum: Do, 04/30/2020 - 15:07 Tags: Deutsch lernen

100.000 Menschen begingen 1890 in Deutschland den 1. Mai erstmals als "Kampftag der Arbeiterbewegung". Seinen Ursprung hatte der Feiertag in einem blutigen Massaker vier Jahre zuvor.

Der Ursprung in den USA und das Haymarket-Massaker

Der "Tag der Arbeit" am 1. Mai hat seine Wurzeln in den USA. Am 1. Mai 1886 streikten überall in den USA rund 400.000 Arbeiter, um ihre Forderungen nach einem Acht-Stunden-Tag durchzusetzen. Die damalige Regelarbeitszeit in den USA betrug zehn Stunden pro Tag.

Während einer Kundgebung zwei Tage später erschoss die Polizei mehrere Streikposten. Aus Protest gegen das brutale Vorgehen versammelten sich einen Tag später 1.000 Arbeiter auf dem Haymarket von Chicago, einem zentralen Platz mit Fabriken und Warenhäusern. Kurz vor Ende der friedlichen Versammlung wurden sieben Polizisten und vermutlich vier Demonstranten bei einer Explosion und einer anschließenden Schießerei getötet.

1889 kamen in Paris sozialistische Gewerkschaften und Parteien aus der ganzen Welt zum zweiten Internationalen Arbeiterkongress zusammen. Hier beschlossen sie, sich den Plänen des Amerikanischen Arbeiterbundes für eine große internationale Demonstration am 1. Mai 1890 anzuschließen, um den Opfern des Haymarket-Massakers zu gedenken und für die Rechte der Arbeiterklasse zu demonstrieren. Im Mittelpunkt sollte wieder die Forderung nach einem Acht-Stunden-Tag stehen. Damit institutionalisierte sich der 1. Mai als ein zentraler Aktions- und Feiertag der Arbeiter weltweit.

Der 1. Mai 1890 in Deutschland

Zwar wurde die Arbeiterbewegung in Europa immer stärker, doch besonders in Deutschland litt sie unter staatlichen Repressionen durch Reichskanzler Otto von Bismarck. Bismarck versuchte die Arbeiter durch seine Sozialgesetze an die Monarchie zu binden, konnte aber ihre zunehmende Organisation im Untergrund ebenso wenig verhindern wie die wachsende Zustimmung für die Sozialdemokratie.

So fasste die Sozialdemokratische Partei (SPD) im Oktober 1889 den Beschluss, den 1. Mai als Feiertag der Arbeiter zu begehen. Um ihren wachsenden Einfluss jedoch nicht zu gefährden, plädierte die sozialdemokratische Fraktion im Reichstag gegen einen allgemeinen Streik. Dennoch legten am 1. Mai 1890 etwa 100.000 Menschen die Arbeit nieder. Die Arbeitgeber reagierten, vor allem in Hamburg, mit Aussperrungen und Entlassungen.

Der 1. Mai etablierte sich in der Folgezeit zwar als Festtag der Arbeiterbewegung, doch erst die Weimarer Nationalversammlung machte ihn 1919 zum gesetzlichen Feiertag; allerdings nur für das Jahr 1919. Für eine unbefristete landesweite Festsetzung gab es keine Mehrheit im Parlament.

Die Arbeiterbewegung selbst war gespalten bei der Frage, wie der 1. Mai zu begehen sei. Während die Kommunisten den Kampfcharakter des Tages in den Vordergrund stellten, sahen die Sozialdemokraten darin eher einen Festtag. Die Zerrissenheit der Arbeiterbewegung fand am 1. Mai 1929 ihren Höhepunkt: Nachdem sich die Kommunistische Partei nicht an ein Demonstrationsverbot hielt, kamen beim gewaltsamen Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten mehr als 30 Menschen ums Leben. Der Tag ging als "Blutmai" in die Geschichte ein.

1933 wurde die Arbeiterbewegung von den Nationalsozialisten vereinnahmt: Sie machten den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag und instrumentalisierten ihn für ihre Propaganda. Am 2. Mai 1933 besetzten SA-Trupps Gewerkschaftshäuser, Arbeiterbanken und Redaktionen von Gewerkschaftsblättern. Viele leitende Funktionäre wurden in der Folge in Konzentrationslager und Gefängnisse gebracht.

Nach der Befreiung Deutschlands und dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der 1. Mai 1946 durch den Alliierten Kontrollrat als Feiertag bestätigt. Während in Westdeutschland fortan vor allem Gewerkschaften den Tag für Massenkundgebungen mit wechselnden arbeits- und friedenspolitischen Schwerpunkten nutzten, wurden in Ostdeutschland am 1. Mai lange Zeit staatlich inszenierte Militärparaden veranstaltet.

In den 1980er Jahren etablierten sich vor allem von Berlin und Hamburg ausgehend sogenannte Revolutionäre 1.-Mai-Demonstrationen von einer radikalisierten autonomen Szene, die oft in gewaltsame Demonstrationen ausschritten. Bekannt wurde der Erste Mai in Kreuzberg: Speziell bezieht sich der Begriff auf den 1. Mai 1987, als in Kreuzberg bis dahin ungekannte schwere Unruhen ausbrachen und sich die Berliner Polizei für mehrere Stunden vollständig aus SO 36, dem östlichen Teil Kreuzbergs, zurückziehen musste. 

Daneben bleibt der 1. Mai aber ein wichtiger Tag, an dem Gewerkschaften und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihrem Anliegen Nachdruck verleihen, mittlerweile haben aber die 1.-Mai-Demonstrationen nicht mehr die gleiche Anziehungskraft wie in der Vergangenheit. So folgten zum Beispiel 1960 in Berlin noch 750.000 Menschen dem Aufruf des Regierenden Bürgermeisters zu einer Freiheitsdemonstration. Im letzten Jahr haben in Berlin rund 10.000 Menschen an der Mai-Demonstration teilgenommen. In vielen Ländern ist der 1. Mai gesetzlicher Feiertag. In den USA, wo die Ereignisse historisch ihren Lauf nahmen, hat man den Tag der Arbeit auf den "Labor Day" im September gelegt.

Text umgeschrieben aus der Webseite der Bundeszentrale für Politische Bildung: https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/205623/125-jahre-tag-der-arbeit